366
Valentim'an, fand sich mit den Hunnen ab und machte sich beim
Abschlüsse dieses Vertrages so verdient um den neuen Thron,
daß die Regentin volles Zutrauen zu ihm faßte und ihm die
höchste militärische Gewalt und die erste Stelle in ihrem Staats-
rathe übertrug.
Valentinianus Hl. (425—455). Unter der schwachen
Regierung dieses Kaisers, der fast sein ganzes Leben hindurch
unter der Vormundschaft seiner Mutter blieb, gingen fast alle
noch übrigen Provinzen des Reiches verloren. Ranke umstrickten
den Hof. Der zweizüngige Aetius, voll Eifersucht über das
Ansehen, das der verdienstvolle Statthalter von Afrika, Boni-
facius, bei Hofe genoß, schwärzte diesen bei der Kaiserin-
Mutter an, als wolle sich derselbe zum Herrn von Afrika machen
und flüsterte ihr ein, sie mögte, zur Probe, ihn unter irgend einem
Vorwände nach Hofe berufen, dann würde sich Herausstellen, ob er
gehorchen und Afrika verlassen würde. Da er sah, daß der Argwohn
bei ihr Wurzel faßte, ließ er dem Bonifacius durch einen seiner Ge-
treuen die vertrauliche Mittheilung machen: er stehe bei Hofe in
Verdacht; die undankbare Herrscherin beabsichtige, ihn zu stürzen;
er möge die Nachricht äußerst geheim halten; von der Wahr-
heit derselben könnte er sich überzeugen, wenn er unter irgend
einem eitlen Vorwände an den Hof gerufen würde. Bonifacius
wurde wirklich dahin gerufen und kam nicht. Placidia, die nun
an der Treue des Aötius nicht zweifelte, sandte sogleich Truppen
ab, den vermeintlichen Rebellen anzugreifen. Um sich in seiner
Provinz behaupten zu können, rief Bonifacius schleunigst d.ie
Vandalen unter Geiserich aus Spanien nach Afrika zu Hülfe
herüber (429). Zu spät wurden Placidia und Bonifacius ent-
täuscht und versöhnt. Dieser bereuete seine rasche That und
wollte sich den gelandeten Barbaren widersetzen; allein er wurde
geschlagen und zur Rückkehr nach Italien genöthigt. Die Sieger
gründeten alsbald auf der Nordküfte Afrika's das van dali-
sch e Reich mit der Hauptstadt Karthago'), eroberten Sicilien
und die Balearen und machten sich durch ihre Freibeuterei allen
C. Männert, Geschichte der Vandalen. Leipzig, 1785. — Unter
der Geißel dieser raubsüchtigen Barbaren wurde das blühende Afrika zu
einer Wüstenei. Bei der Belagerung von Hippo (Bona) starb 430 der
h. Augustinus, Bischof dieser Stadt.
TM Hauptwörter (50): [T23: [Rom Römer Krieg Italien Stadt Jahr Heer König Rmer Hannibal], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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TM Hauptwörter (200): [T192: [Italien Reich Gallien Volk Land Römer Donau Hunnen Jahr König], T49: [König Königin Herzog Peter Hof Elisabeth Minister Tod Graf Regierung], T186: [Stadt Insel Hauptstadt Tunis Handel Afrika Land Hafen Küste Algier], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen]]
330
durch ihn eine festere Einrichtung 3), die bis auf Constantin bei-
behalten und auch von diesem wenig geändert wurde. Eine be-
sondere Sorgfalt wandte er der Justiz zu. Aus gelehrten Ju-
risten bildete er sich einen geheimen Rath (Consistorium Principis),
und indem er durch den Rechtsgelehrten Salvius Julianus aus
den Edicten der Prätoren ein feststehendes prätorisches Edict ab-
fassen ließ, machte er die Gerichtsbarkeit vom Kaiser abhängig.
Selbst Freund und Kenner der Künste und Wissenschaften, be-
förderte er dieselben auf's eifrigste, ließ aber dabei eine gewisse
Eitelkeit und Abnahme des ächten Geschmackes wahrnehmen.
Gelehrte und Künstler von allen Fächern bildeten immerfort seine
nächste Umgebung. Unter der Negierung dieses kunstliebenden
Kaisers wurde der Friede fast nur durch einen Aufstand der
Juden unter Bar Kochbah unterbrochen. Veranlassung hiezu
war die Anlegung einer römischen Kolonie (Aelia Capitolina)
mit einem Tempel des Jupiter Capitolinus auf den Trümmern
von Jerusalem. Hierüber kam es zu einem fürchterlichen Ver-
tilgungskriege (133—135), und mehr als eine halbe Million.
Juden büßte den neuen Aufstand mit dem Leben. Gegen das
Ende seiner Regierung ward er immer trübsinniger, und manche
Grausamkeiten verdunkelten den Abend seines thatkräftigen Le-
bens. Der kinderlose Kaiser adoptirte den Consular T. Antoni-
nus und starb in tiefer Melancholie zu Bajä.
T. Äl. Had. Antoninus Pius (138—161). Dieser
war noch friedlicher gesinnt, als sein Vorgänger. Während sei-
ner milden geräuschlosen Regierung verbreitete er als ein wahrer
Vater seiner Untergebenen überall Glück und Segen. „Ich will
lieber einem Bürger das Leben erhalten, als tausend Feinde
tödten!" war das schöne Wort, mit welchem er jede Aufforde-
rung zu unnützen Kriegen zurückwies. Den benachbarten Völ
kern galt jedoch sein Wort als ein Befehl, und selbst die
3) Neben dem geheimen Nathe (Consistorium principis) bestand ein
Ober Hof Meister (magister officiorum), welcher die Audienzen besorgte
und den eigentlichen Hofstaat beaufsichtigte; ein Hvfcanzler (quaestor
sacri palatii;; Hofschatzmeister (comes sacrarum largitionum); ein
Kammerpräsident (comes rerum privatarum); ein Oberkam me r-
hcrr (primicerius sacri palatii); die Obristen der Leibwache (comes equi-
tum, peditum domesticorum); der einflußreiche Oberbefehlshaber derselben
(praefectus praetorio) und der Stadtrichter (praefectus urbi).
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Extrahierte Personennamen: Constantin Aelia_Capitolina Capitolinus
371
seit der Verheerung durch Alarich noch vorhanden waren, wur-
den als Beute von den rohen Vandalen abgeführt, die außer-
dem noch viele Tausende der vornehmeren Römer beiderlei Ge-
schlechts, unter diesen auch die Kaiserin nebst ihren beiden Töchtern,
mit sich fort nach Karthago schleppten, um von ihnen ein hohes
Lösegeld zu erpressen. So ward Karthagos Schicksal an seiner
Siegerin gerächt. Den morschen Thron überließ Geiserich dem
Zufall. Da gewann der Sueve Ricimer, der eben so tapfere
als verschlagene Anführer der barbarischen Miethstruppen, sol-
chen Einfluß, daß er bis zu seinem Tode (472) willkürlich über
Thron und Reich verfügte, ohne sich selbst mit dem kaiserlichen
Purpur zu bekleiden ^). Zuerst zwang er den Feldherrn Ari-
tus, der auf Anrathen des westgothischen Königs Theo do-
rr ch Ii. zu Arles in Gallien den Jmperatortitel angenommen
hatte, zur Abdankung (456) und bekleidete zu Ende des Jahres
457 den Feldherrn Majorianus zu Ravenna mit dem kaiser-
lichen Purpur (457 — 461). Dieser war ein einsichtsvoller,
thatkräftiger Kaiser, der durch manche zweckmäßige Anordnungen
das wankende Staatsgebäude zu stützen suchte. Seine Haupt-
anstrengung richtete er gegen den Vandalenkönig, dessen Ge-
schwader seit Jahren straflos die Küsten Italiens, Siciliens,
Galliens und Spaniens geplündert, allen Verkehr gelähmt hatten.
Allein das mit Umsicht und Kraft eingeleitete Unternehmen schei-
terte an Geiserich's Schlauheit. Es gelang ihm nämlich, einen
Theil der römischen für die Überfahrt nach Afrika ausgerüsteten
Flotte durch Verrath abwendig zu machen, in Folge dessen der
Kaiser vom Kriege abließ und mit ihm Frieden schloß. Ricimer
aber, der schon längst eifersüchtig auf einen Regenten war, durch
dessen thatkräftiges Auftreten sein eigener Einfluß immer mehr
beschränkt wurde, ließ diesen nun im August 461 hinrichten
und setzte den schwachen Severus auf den Thron, in dessen
Namen er nach Laune schalten konnte. Bald aber zeigten sich
die Folgen eines so unheilvollen Spieles mit Thronen. In
Dalmatien wollte Marcellinus, ein alter Waffengefährte des
Aötius, den Schattenkaiser nicht anerkennen und erklärte sich für 4
4) Ricimer vir egregius et paene tune in Italia ad êxercitüm sin-
gularis. Jom. de reb. Get. c. 45. — Von väterlicher Seite war er
Sueve, von mütterlicher Westgoth e.
24 *
TM Hauptwörter (50): [T23: [Rom Römer Krieg Italien Stadt Jahr Heer König Rmer Hannibal], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T20: [Rom Jahr Cäsar Senat Kaiser Pompejus Antonius Tod Krieg Sohn]]
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Extrahierte Personennamen: Karthagos Theo_do- August Marcellinus Westgoth
Qitdj m Griechenland einfhren, wenn man nur erst Seiden-wurmer habe. Es hielt aber schwer, diese zu erhalten, da jene Bolfer bte Ausfuhr bicfer so ntzlichen Thiere verboten hatten. Auf des Kaisers Befehl unternahmen die beiden Mnche eine zweite Reise in jene Lnder. Jm.jahre 555 kamen sie zurck und brachten heimlich in ihren hohlen Wanderstben Eierchen von der Seidenraupe mit, die glcklich auskrochen. Nun war das Geheunni entdeckt, und der Seidenbau ward mit Eifer begeben. Der Kaiser selbst lie mehre Seibenfabriken anlegen, die bald tn Flor kamen. Bis in's zwlfte Jahrhundert blieb tu Europa Griechenland allein im Besitze dieser neuen Erwerbs-quelle. Dann kam der Seidenbau in Folge der Kreuzzge nach Unteritalien und verbreitete sich von bort allmlig nach Oberttalien, Spanien, Frankreich und beu brigen Lnbern.
Unter der Negierung des Justinian sollen sich aber auch die ersten Menschenblattern gezeigt haben, die so lange ver-Heerend wtheten, bis enblich durch die glckliche Entdeckung des englischen Arztes Jenner am Ende des achtzehnten Jahr-Hunderts dieser Pest durch Einimpfung der Kuhpocken Grenzen gesetzt werden konnten.
7. Alboin, König der Longobarden, in Italien (568),
Aber nicht lange whrte der Griechen Herrschaft der ganz Italien. Bereits fnfzehn Jahre lang hatte Narses der Ver-waltung des Landes mit eben so groer Umsicht als Kraft vorgestanden; da ward er das Opfer der Verlnmdnng. Die Groen am Hofe von Constantinopel waren hchst eiferschtig auf ihn und schwrzten ihn so arg bei der Kaiserin an, da sie vor Zorn ihn durch ein Schreiben voll der bittersten Krn-kunaen von seinem Posten abrief. Er knne," hie es unter andern in diesem Schreiben, - jetzt nur wieder nach Eonsmnttnopel zum Spinnrocken unter die Weiber zurckkehren wo er ja auch wohl besser an seiner Stelle sein wrbe." Entrstet der fo unverdiente, schmachvolle Krnkung, sprach er
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Extrahierte Personennamen: Jenner
Extrahierte Ortsnamen: Griechenland Europa_Griechenland Unteritalien Spanien Frankreich Italien Italien Constantinopel
316
deshalb, die Mexicaner htten ihre Schtze versteckt. Vor Wuth lieen sie die vornehmsten Einwohner auf die Folter spannen, um sie durch die grausamsten Marter zum Gestndnisse zu bringen. Selbst Guatimozin wurde gefesselt und mit einem seiner Vertrau-ten der glhende Kohlen gelegt. Als dieser in seiner Oual wim-merte und znckte, sprach Guatimozin mit Ruhe und Wrde: Freund, sieh' her, liege ich denn hier auf Rosen!" Guatimozin wurde halbtodt von dem glhenden Roste herabgenommen und bald darauf als Feind der Spanier ffentlich hingerichtet.
Cortez ward nun zum Statthalter des eroberten Landes er-nannt, welches den Namen Neuspanien erhielt. Er verfuhr mit emprender Grausamkeit, um Unterwrfigkeit und Gehorsam zu erzwingen. Einst lie er, heit es, sechzig Kaziken (kleine Fr-steu) und vierhundert andere vornehme Mexicaner lebendig ver-brennen. Das eroberte Land wurde unter die Spanier vertheilt, von denen jeder noch eine Anzahl Mexicaner als Sklaven erhielt.
Doch bald verlor auch Cortez das Zutrauen seines Kniges*) und ward in seiner Statthalterschaft sehr beschrnkt. Mimuthig verlie er deshalb seine Stelle und ging aus neue Entdeckungen aus. Im Jahre 1536 entdeckte er noch die groe Halbinsel Ca Ii-fornien, das heutige Goldlaud. Einige Juhre darauf kehrte er nach Spanien zurck, wurde aber am Hofe so kalt aufgenom-men und hatte so viel Krnkungen zu leiben, da der Gram hierber feinen Tod beschleunigte. Er starb zu Sevilla 1547, im zwei und sechzigsten Jahre seines Alters.
Erste Reise um die Welt. In demselben Jahre, in welchem Cortez zur Eroberung Mexicos auslief, unternahm Ma-gelh-ens die erste Reise um die Welt. Magelhens war ein erfahrener portugiesischer Seefahrer und hatte schon unter dem Könige Emanuel sich rhmlich ausgezeichnet. Statt der gehofften Belohnung aber hatte er nur Undank gefunden. Er verlie daher
*) Es herrschte damals der Spanien Karl I., der im Jahre 1519 cinch zum deutschen Kaiser erwhlt wurde und als solcher Karl V. hie. Er war der Enkel und Nachfolger Ferdinand des Katholischen.
I
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93
der Herzog Franz von Guise, der Marschall von St. Andre
und Annas von Montmorency; an der Spitz der Hugenotten
der Admiral Coligny und die beiden jungen Prinzen Conde
und Heinrich von Navarra. Der Streit unter diesen beiden
Häusern verwickelte Frankreich in einen großen Bürgerkrieg,
welcher mit der ganzen Erbitterung geführt wurde, die der
Religionshaß einzuflößen pflegt. Drei bis viermal durch feier-
liche Friedensschlüsse unterbrochen, wüthcte er bereits mehrere
Jahre unter unerhörten Gräueln fort. Schon waren die vor-
nehmsten Häupter auf beiden Seiten gefallen, dennoch legte
sich die Wuth der Parteien nicht; die Söhne der erschlagenen
Anführer nahmen sofort die erledigten Stellen ein.
Als die Königin Mutter sah, daß die Hugenotten durch
Gewalt nicht zu beschwichtigen waren, schlug sie, der Gräuel
des langen Bürgerkrieges müde, den Weg der Versöhnung
ein. Sie gab ihre Tochter, Magaretha von Valoiö, dem
hugenottischen Prinzen Heinrich von Navarra zur Gemahlin.
Die Vermählung und mit ihr das Aussöhnungsfest wurde am
18. August 1572 unter Freude und Jubel zu Paris gefeiert.
Der Prinz von Condv und der Admiral Coligny, begleitet
von einer großen Menge ihrer Glaubensgenossen, wohnten
dem Feste bei und wurden mit Auszeichnung empfangen. Der
König umarmte sogar den Admiral und versicherte, dieser Tag
sei der glücklichste seines Lebens. Der größte Theil der Guisen
aber sah dieser Vermählung und den damit verbundenen Festen
mit geheimem Jngrimme zu. Den Hofleuten war vorzüglich
die Achtung und Vertraulichkeit des jungen Königes gegen den
alten Admiral ein Anstoß. Selbst die Königin Mutter fürch-
tete den wachsenden Einfluß dieses Mannes; und als einst
Coligny gegen ihren Einfluß auf den längst mündig gewordenen
König und dessen Regierung einige harte Worte fallen ließ,
schwur sie im Stillen dem Admiral blutige Rache.
Einst, als Coligny spät am Abende aus dem Schlosse
nach Hause ging, fiel aus dem Fenster eines Hauses ein Schuß,
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Extrahierte Personennamen: Franz_von_Guise Franz Annas_von_Montmorency Heinrich_von_Navarra Heinrich Magaretha_von_Valoiö Heinrich_von_Navarra Heinrich August Condv Admiral_Coligny Coligny Coligny
T
— 109 —
dienst, erklärte sich für das Oberhaupt der Kirche und setzte
überhaupt in neun und dreißig Artikeln die Religion in Eng-
land auf die noch jetzt herrscheude Weise fest. Der Grund zu
dieser Neuerung war kein anderer, als weil die katholische
Kirche ihr das Recht der Thronfolge absprach, indem die Ehe
zwischen Heinrich Viii. und Anna Boleyn, aus welcher sie
entsprossen, vom Papste für ungültig erklärt worden war. Die
von ihr gestiftete Kirche wird die englische oder bischöf-
liche, auch die hohe Kirche genannt und weicht in einzelnen
Theilen sowohl von der lutherischen als reformirten ab. Die-
jenigen, welche sich ihren Neuerungen nicht fügen wollten,
wurden von ihren Posten verjagt, andere mit harter Geld-
strafe oder Gefangenschaft belegt, in welcher die Opfer ihrer
Verfolgungswuth nicht selten einen martervollen Tod fanden.
Allmälig legte sich der Widerstand vor der unerbittlichen Strenge
der Königin, und die Meisten wechselten, nun schon zum dritten
Male, die Religion nach den Launen ihrer Gebieter.
25. Maria Stuart, Königin von Schottland.
Der schwärzeste Punkt in Elisabeths Leben ist ihr Be-
tragen gegen ihre unglückliche Verwandte, Maria Stuart,
Königin von Schottland. Diese war erst acht Tage alt, als
ihr Vater, Jakob V., starb (1542) und ihr, als einziger Erbin,
das Reich hinterließ. Wegen innerer Unruhen führte ihre
Mutter sie als fünfjähriges Kind nach Frankreich, wo sie am
Hofe der Katharina von Medici erzogen wurde. Herrlich
entfaltete sich hier unter der sorgfältigsten Erziehung der schöne
Keim, und sie ward bald wegen ihrer Schönheit und Herzens-
güte der Gegenstand allgemeiner Liebe und Verehrung. Kaum
sechzehn Jahre alt wurde sie mit dem Dauphin, dem nachma-
ligen Könige Franz Ii., vermählt. Dies war die glücklichste
Zeit ihres Lebens. Dichter priesen wetteifernd die bezaubernde
Anmuth, den Geist und die Talente der jungen Königin und
sahen einer langen Verkettung von Glückseligkeiten für sie
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_Viii Heinrich Anna_Boleyn Maria_Stuart Maria Maria_Stuart Maria Jakob_V. Katharina_von_Medici Franz_Ii Franz
Extrahierte Ortsnamen: Eng- Schottland Schottland Frankreich
111
gegen sie gesinnt sei, wußte sie nicht. Um so angenehmer
wurde sie bei ihrer Landung überrascht, indem alle Stände
zusammenströmten, um ihrer jungen, schönen Herrscherin ihre
Ehrfurcht zu bezeigen. Fröhlichen Gemüthes zog sie daher
unter den Glückwünschen und dem Jubel ihrer Untherthanen
in die Hauptstadt ein. Es war für sie ein Tag der Freude
und des Glückes, der einzige vielleicht, den sie in Schottland
erleben sollte.
Gleich bei ihrer Thronbesteigung erhob sich in Schottland
ein düsterer Geist des Mißtrauens und des Argwohnes. Die
Neformirten fürchteten, unter der katholischen Königin möchte
auch bald wieder die katholische Religion ihr Haupt erheben.
Insbesondere bot jener Johann Knor alles auf, um die Ge-
sinnungen der Königin zu verdächtigen und sie selbst in den
Augen ihrer Unterthanen herabzusetzen. Jede unschuldige Freude,
jedes Hoffest rügte er von der Kanzel mit den grellsten Farben.
Selbst auf ihrem Zimmer machte er ihr oft so bittere Vor-
würfe, daß sie in Thränen ausbrach. Und doch mußte sie des
heftigen Mannes schonen, ihn sogar auf alle Art zu besänftigen
suchen, weil sie den Einfluß kannte, den er auf das Volk hatte.
Um nicht allein zu stehen, verinählte sie sich mit dem
Grafen Heinrich Darnley, den sie wegen seiner Jugend und
Schönheit lieb gewonnen hatte. Diese Vermählung war die
Vorläuferin vieler Schicksale. Maria erfuhr bald, daß das
Aeußere dieses Mannes sie verblendet habe; daß er im höchsten
Grade eigensinnig, leidenschaftlich und unversöhnlich sei, und
von der Zeit an behandelte sie ihn mit sichtbarer Kälte. Ihr
ganzes Zutrauen schenkte sie ihrem Geheimschreiber, dem Ita-
liener David Rizzio. Hierdurch wurde Darnley so erbittert,
daß er ihn vor den Augen der Königin ermordete. Diese ver-
messene That zog ihr Herz noch mehr von ihm ab. Sie nahm
jetzt den Grafen Vothwell zu ihrem Nathgeber, auch einen
nichtswürdigen, boshaften Menschen, der durch seine Vcrstel-
lungskünste die Gunst der jungen Fürstin sich erschlichen hatte.
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Extrahierte Personennamen: Johann_Knor Johann Heinrich_Darnley Heinrich Maria Maria David_Rizzio David
ir
- 113 -
sie gefangen wcgführte und so lange mit Versprechungen und
Drohungen in sie drang, bis sie einwilligte, seine Gemahlin
zu werden.
Diese höchst unbesonnene Vermählung mit einem Manne,
der für den Mörder ihres Gemahles galt, erhöhete den Ver-
dacht und reizte die Schotten zum Zorne. Nur durch die Flucht
konnte sich Bothwell der Wuth des Volkes entziehen; sie selbst
aber wurde gefangen und nach der Hauptstadt abgeführt. Bei
ihrer Ankunft strömte ihr der auf's höchste gereizte Pöbel ent-
gegen, überhäufte sie mit Vorwürfen und Verwünschungen und
ließ vor ihren Augen ein Banner wehen, auf welchem man
den Leichnam ihres vorigen Gemahles, und ihren Sohn, den
Prinzen, knieend erblickte, mit der Umschrift: „Räche mich, o
Herr!" Dann ward sie in ein Gefängniß gesperrt und ge-
zwungen, zu Gunsten ihres Sohnes Jakob der Krone zu ent-
sagen und die Negierung während der Minderjährigkeit des
Prinzen dem Grafen Murrey zu übertragen.
Das Schicksal der jungen Königin, über die beschlossen
war, daß sie ihr Gefängniß lebend nicht verlassen sollte, er-
regte bei Vielen Theilnahme. Mehrere Edelleute vereinigten
sich zu ihrer Befreiung. Sie verschafften sich heimlich die
Schlüssel des Gefängnisses und führten sie hinaus. Auf die
Kunde hievon drängten sich viele ihrer alten Freunde um sie
und erboten sich zu ihrem Dienste. Allein ihr in Eile zusammen-
gerafftes kleines Heer wurde geschlagen, sie selbst entfloh nach
England, um bei ihrer königlichen Verwandte, Elisabeth, Schutz
zu suchen. Aber eben diese Verwandtschaft war ihr Verderben.
Elisabeth triumphirte, als sie das seit Jahren gehetzte Wild
nun freiwillig in's Garn gehen sah; sie ließ sie ergreifen und
in's Gefängniß werfen.
Aber auch in England fand die unglückliche Königin
Freunde, besonders an ihren Glaubensgenossen, den Katholiken.
Der Herzog von Norfolk entwarf den Plan, sie zu be-
freien, dann sie zu heirathen und ihre Wiedereinsetzung in
Wcltcr's Wcltgcsch. Hi. 16. Slufl. 8
TM Hauptwörter (50): [T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T20: [König Sohn Maria Heinrich Tochter Karl Herzog England Haus Gemahlin], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T88: [Sohn Vater König Tod Kaiser Tochter Bruder Jahr Mutter Gemahlin], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
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▼
- 115 -
gemacht, und die arglistigen Kunstgriffe und Betrügereien ihrer
Feinde, und schloß, die Hand auf der Bibel, mit den Worten:
„Was den Tod der Königin, Eurer Gebieterin, aubetrifft, so
nehme ich Gott zum Zeugen, daß ich nie nach demselben
strebte und nie in denselben willigte."
Hinrichtung dcr Maria Stuart (1587). — Der achte Fe-
bruar 1587 war der Tag ihrer Hinrichtung. Die Nacht zu-
vor brachte sie größtentheils im Gebete zu. Um acht Uhr
Morgens trat ein Diener in ihr Gemach und zeigte ihr an,
daß die Stunde geschlagen habe. „Ich bin bereit!" war die
Antwort, und ihr Auge ftralte Frieden. Sie bat flehentlichst
um einen Priester, der sie auf des Lebens letztem Gang be-
gleite; allein auch diese Tröstung ward ihr versagt. Mit
einer Miene voll Ruhe und Majestät durchschritt sie die Halle,
die zu dem Saale führte, wo das Blutgerüst aufgeschlagen
war. Sie hatte ihre reichste Kleidurig angelegt, wie sie sich
für eine verwittwete Königin geziemte. Um den Hals trug
sie eine Kette, an der ein goldenes Kreuz befestigt war, am
Gürtel hing ein Rosenkranz. In ihrer Hand hielt sie ein
Crucifir von Elfenbein. Auf dem Wege fand sie ihren Haus-
hofmeister Melville, dem seit mehreren Wochen der Zutritt zu
ihr verboten war. Der alte treue Diener fiel in die Kniee
und weinte laut auf. Sie bot ihm liebreich die Hand. „Klage
nicht," sprach sie, „ehrlicher Mann, freue dich vielmehr; denn
du wirst das Ende sehen von Maria Stuart's Leiden. Die
Welt, mein lieber Melville, ist nur Eitelkeit, und ein Meer
von Thränen würde nicht hinreichen, ihre Trübsale zu bewei-
nen. Gott vergebe denen, die seit so langer Zeit nach mei-
nem Blute dursten, wie der Hirsch nach der Quelle." — Dann
brach sie in Thränen aus und sprach: „Lebe wohl, guter Mel-
ville, lebe wohl!"
Als sie die Blutbühne bestiegen hatte, trat der Dechant
von Peterborough zu ihr und ermahnte sie im Namen der
Königin Elisabeth, die katholische Religion abzuschwören.
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Extrahierte Personennamen: Maria_Stuart Maria Maria_Stuart's Maria Peterborough